Landwirtschaft in der Schweiz

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Bevorstehend

Lernen Sie die Besonderheiten der Schweizer Landwirtschaft kennen: von der Höhenstufung über regionale Produkte bis zu aktuellen Herausforderungen.

Ziele dieses Moduls
  • Sie können die landwirtschaftliche Höhenstufung in der Schweiz erklären und den verschiedenen Höhenstufen typische Nutzungsformen zuordnen.
    Verstehen
  • Sie können regionale Unterschiede in der Schweizer Landwirtschaft analysieren und geografisch begründen.
    Analysieren
  • Sie können wichtige Schweizer Agrarprodukte und ihre Anbaugebiete benennen.
    Verstehen
  • Sie können aktuelle Herausforderungen der Schweizer Landwirtschaft (Klimawandel, Strukturwandel, Biodiversität) evaluieren.
    Evaluieren

In diesem Modul beschäftigen Sie sich mit den geografischen Grundlagen der Landwirtschaft in der Schweiz. Sie lernen, wie Topografie, Klima und Höhenlage die landwirtschaftliche Nutzung prägen und welche regionalen Unterschiede es gibt.

Einführung: Die Schweizer Landwirtschaft im Überblick

Die Schweiz ist ein kleinräumig gegliedertes Land mit extremen topografischen Unterschieden. Von 193 m ü. M. (Lago Maggiore) bis 4634 m ü. M. (Dufourspitze) erstrecken sich verschiedene Klima- und Vegetationszonen, die die landwirtschaftliche Nutzung stark beeinflussen.

Wichtige Fakten:

  • Nur rund 36% der Schweizer Fläche ist landwirtschaftlich nutzbar (ca. 1,5 Mio. Hektar)
  • Davon sind etwa 70% Grünland (Wiesen und Weiden)
  • Rund 50.000 Landwirtschaftsbetriebe (Tendenz sinkend durch Strukturwandel)
  • Durchschnittliche Betriebsgrösse: ca. 20 Hektar (deutlich kleiner als in der EU)

Die Schweizer Landwirtschaft ist stark durch die Topografie geprägt: Das Mittelland eignet sich für Ackerbau, während in den Alpen hauptsächlich Weidewirtschaft betrieben wird.

Landwirtschaftliche Höhenstufung in der Schweiz

Die Schweizer Landwirtschaft folgt einer charakteristischen Höhenstufung, die durch Temperatur, Vegetationsperiode und Hangneigung bestimmt wird:

Talstufe (bis ca. 600 m ü. M.)

  • Nutzung: Intensiver Ackerbau, Obstbau, Weinbau
  • Produkte: Getreide (Weizen, Gerste), Zuckerrüben, Gemüse, Obst (Äpfel, Kirschen), Wein
  • Regionen: Mittelland, Rhônetal, Tessin, Rheintal
  • Besonderheiten: Längste Vegetationsperiode (180-200 Tage), beste Böden

Hügelstufe (600-900 m ü. M.)

  • Nutzung: Gemischte Landwirtschaft, Grünland, etwas Ackerbau
  • Produkte: Milchproduktion, Futterbau, Kartoffeln, Getreide
  • Regionen: Voralpengebiet, höhere Lagen des Mittellandes
  • Besonderheiten: Übergangszone zwischen Acker- und Grünlandwirtschaft

Bergstufe (900-1500 m ü. M.)

  • Nutzung: Hauptsächlich Grünlandwirtschaft (Wiesen und Weiden)
  • Produkte: Milch- und Viehwirtschaft, Käseproduktion
  • Regionen: Voralpen, Jura, tiefere Alpentäler
  • Besonderheiten: Kürzere Vegetationsperiode (120-150 Tage), steileres Gelände

Alpenstufe (1500-2500 m ü. M.)

  • Nutzung: Alpwirtschaft (Sömmerung)
  • Produkte: Jungtiere, Milch, Alpkäse
  • Regionen: Hochalpen (Uri, Graubünden, Wallis, Bern)
  • Besonderheiten: Nur sommerliche Nutzung (Juni-September), extensive Bewirtschaftung

Nival-Stufe (über 2500 m ü. M.)

  • Nutzung: Keine landwirtschaftliche Nutzung mehr
  • Schnee und Eis dominieren

Regionale Unterschiede der Schweizer Landwirtschaft

Mittelland

Das Mittelland ist die landwirtschaftliche Kernzone der Schweiz:

  • Fläche: Ca. 30% der Landesfläche
  • Klima: Gemässigt, ausreichend Niederschlag (800-1200 mm/Jahr)
  • Böden: Fruchtbare Moränenböden aus der Eiszeit
  • Hauptnutzung: Ackerbau (Getreide, Zuckerrüben, Raps), Milchwirtschaft, Gemüse- und Obstbau
  • Besonderheiten: Intensivste Landwirtschaft, grösste Betriebe, starker Nutzungsdruck durch Siedlungen

Jura

  • Klima: Rauer, längere Winter, mehr Niederschlag (bis 1500 mm/Jahr)
  • Hauptnutzung: Milch- und Viehwirtschaft, Pferdezucht
  • Besonderheiten: Kalkböden, Hochebenen mit Weidewirtschaft, traditionelle Käseproduktion (z.B. Gruyère)

Alpen

  • Fläche: Ca. 60% der Landesfläche, aber nur geringe landwirtschaftliche Nutzfläche
  • Hauptnutzung: Alpwirtschaft, extensive Weidehaltung
  • Besonderheiten: Sömmerung (saisonaler Viehauftrieb), kleinbäuerliche Strukturen, hohe Subventionsabhängigkeit

Südschweiz (Tessin)

  • Klima: Mediterran beeinflusst, mild, viel Niederschlag im Herbst
  • Hauptnutzung: Weinbau (Merlot), Kastanienanbau, Gemüsebau, Kleinvieh
  • Besonderheiten: Terrassenkulturen, kleinparzellige Strukturen

Wichtige Schweizer Agrarprodukte

Milch und Milchprodukte

Die Milchwirtschaft ist der wichtigste Zweig der Schweizer Landwirtschaft:

  • Jährliche Produktion: ca. 4 Millionen Tonnen Milch
  • Wichtige Käsesorten: Emmentaler, Gruyère, Appenzeller, Sbrinz
  • Über 450 verschiedene Käsesorten
  • Export: Käse ist ein wichtiges Exportgut

Getreide

  • Weizen: Hauptanbaugebiet Mittelland (ca. 150.000 Tonnen/Jahr)
  • Gerste: Für Tierfutter und Bierherstellung
  • Mais: Hauptsächlich als Silomais für Viehfutter
  • Die Schweiz deckt nur ca. 50% ihres Getreidebedarfs selbst

Obst und Gemüse

  • Äpfel: Wichtigstes Obst (Thurgau = "Mostindien")
  • Kirschen: Baselland, Zug
  • Aprikosen: Wallis
  • Gemüse: Salat, Tomaten, Karotten (vor allem im Seeland, Rheintal)

Wein

  • Anbaufläche: ca. 15.000 Hektar
  • Hauptregionen: Wallis (33%), Waadt (26%), Genf (10%)
  • Wichtige Sorten: Chasselas, Pinot Noir, Merlot (Tessin)

Zuckerrüben

  • Anbau im Mittelland
  • Zwei Zuckerfabriken: Aarberg (BE) und Frauenfeld (TG)

Fleisch

  • Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch
  • Hoher Selbstversorgungsgrad bei Rindfleisch (ca. 80%)

Besonderheiten der Schweizer Landwirtschaft

Kleinbetriebliche Strukturen

Im Vergleich zur EU sind Schweizer Landwirtschaftsbetriebe deutlich kleiner (durchschnittlich 20 Hektar vs. 40 Hektar in der EU). Dies führt zu:

  • Höheren Produktionskosten
  • Grösserer Biodiversität
  • Traditionelleren Bewirtschaftungsformen

Direktzahlungen

Der Bund unterstützt die Landwirtschaft mit jährlich ca. 2,8 Milliarden Franken an Direktzahlungen. Diese sind an ökologische Leistungen geknüpft:

  • Biodiversitätsförderflächen
  • Tiergerechte Haltung
  • Biologischer Landbau
  • Landschaftspflege

Bio-Landwirtschaft

  • Ca. 17% der Betriebe wirtschaften biologisch (EU-Durchschnitt: 9%)
  • Besonders stark im Berggebiet

Grenzschutz und Zölle

  • Die Schweiz schützt ihre Landwirtschaft durch Zölle und Importkontingente
  • Dadurch sind Lebensmittel teurer als im umliegenden Ausland

Aktuelle Herausforderungen

Klimawandel

  • Auswirkungen: Längere Vegetationsperioden, häufigere Trockenperioden, Extremwetterereignisse
  • Chancen: Höhere Erträge in Berggebieten, neue Kulturen möglich
  • Risiken: Wassermangel im Mittelland, Erosion, Schädlingsdruck

Strukturwandel

  • Seit 1990 haben ca. 40% der Betriebe aufgegeben
  • Hauptgründe: Unrentabilität, fehlende Hofnachfolge, Arbeitsbelastung
  • Trend zu grösseren, spezialisierten Betrieben

Biodiversität und Umweltschutz

  • Rückgang von Insekten und Vögeln in der Agrarlandschaft
  • Diskussion über Pestizideinsatz und Stickstoffbelastung
  • Forderungen nach extensiverer Bewirtschaftung

Ernährungssouveränität

  • Die Schweiz deckt nur ca. 50-60% ihres Nahrungsmittelbedarfs selbst
  • Diskussion über Selbstversorgungsgrad in Krisenzeiten

Gesellschaftliche Erwartungen

  • Konsumenten fordern: Tierwohl, Umweltschutz, regionale Produkte
  • Gleichzeitig: Preisdruck durch günstige Importe

Challenge

Aufgabe 1: Höhenstufung analysieren

Erstellen Sie eine grafische Darstellung (Diagramm oder Skizze) der landwirtschaftlichen Höhenstufung in der Schweiz. Markieren Sie:

  • Die verschiedenen Höhenstufen (Tal-, Hügel-, Berg-, Alpenstufe)
  • Typische Nutzungsformen pro Stufe
  • Mindestens zwei konkrete Agrarprodukte pro Stufe
  • Wichtige geografische Faktoren (Temperatur, Vegetationsperiode, Hangneigung)

Hinweis: Sie können ein Profil von Nord nach Süd durch die Schweiz zeichnen (z.B. Basel - Bern - Interlaken - Grimselpass).

Challenge

Aufgabe 2: Regionale Produkte zuordnen

Ordnen Sie die folgenden Schweizer Agrarprodukte den passenden Regionen zu und begründen Sie geografisch (Klima, Boden, Topografie), warum diese Produkte dort angebaut werden:

  • Walliser Aprikosen
  • Thurgauer Äpfel
  • Gruyère-Käse (Freiburg)
  • Tessiner Merlot
  • Emmentaler Käse
  • Bündner Bergkäse
  • Seeländer Gemüse
  • Zürcher Wein

Format: Erstellen Sie eine Tabelle mit den Spalten: Produkt | Region | Geografische Begründung

Challenge

Aufgabe 3: Vergleich Mittelland vs. Alpen

Vergleichen Sie die landwirtschaftliche Nutzung im Mittelland und in den Alpen anhand folgender Kriterien:

  • Klima (Temperatur, Niederschlag, Vegetationsperiode)
  • Topografie (Hangneigung, Höhenlage)
  • Böden
  • Betriebsgrösse
  • Intensität der Bewirtschaftung
  • Hauptprodukte
  • Wirtschaftliche Bedeutung
  • Herausforderungen

Erstellen Sie eine übersichtliche Vergleichstabelle oder ein Venn-Diagramm.

Checklist

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Reflection

Reflexion und Diskussion

Setzen Sie sich mit folgenden Fragen auseinander:

Nachhaltigkeit

  • Wie nachhaltig ist die Schweizer Landwirtschaft heute?
  • Welche Zielkonflikte gibt es zwischen intensiver Produktion und Umweltschutz?

Klimawandel

  • Wie könnte sich der Klimawandel auf die Höhenstufung der Landwirtschaft auswirken?
  • Werden in 50 Jahren im Mittelland andere Produkte angebaut als heute?

Ernährungssouveränität

  • Sollte die Schweiz einen höheren Selbstversorgungsgrad anstreben?
  • Welche Vor- und Nachteile hätte das?

Zukunft der Berglandwirtschaft

  • Wie kann die Landwirtschaft in den Alpen wirtschaftlich überleben?
  • Welche Rolle spielen Direktzahlungen und Tourismus?

Konsumverhalten

  • Welche Verantwortung haben Sie als Konsument:in für die Schweizer Landwirtschaft?
  • Sind Sie bereit, mehr für regionale, nachhaltig produzierte Lebensmittel zu bezahlen?